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Baufälliges Weltkulturerbe

Denkmalgeschützte und vernachlässigte Theaterbauten in unseren Städten

Der Titel lässt erst einmal Aufhorchen und ist doch mehr als nur polemisches Fischen nach Aufmerksamkeit.
Theater, die nach dem zweiten Weltkrieg zu den ersten wiedereröffneten Kulturstätten zählten, die teilweise Eintrittskarten zum Tausch für Kohle ausgaben um die Heizung des Hauses betreiben zu können, müssen heute allenthalben um ihre Existenzberechtigung kämpfen. Der Wunsch der Menschen nach Kultur und Theater nach Zeiten der Barbarei war ungeheuerlich und existentiell. Kultur und Theater waren die wiedergeweckten Grundbedürfnisse und ließe die Menschen in die Theater strömen. Das hat bis heute nichts an Attraktivität verloren. Auch aktuell wachsen die Zahlen der Zuschauer stetig und die Kultur- und Kreativwirtschaft ist einer der expansivsten Wirtschaftszweige des modernen Deutschlands.
Umso mehr verwundert es, dass kaum 70 Jahre später die Theater als Orte der Aufklärung und politischen Bildung mit Ansage und zum Teil auch durch finanziell erzwungene Nachlässigkeit aus dem Fokus gedrängt werden, obwohl sie weder in Intensität noch an Gestaltungswillen eingebüßt haben.
Wirtschaftsprüfungen, Effizienzdenken und ständig neue Forderungen an die Theatermacher nach mehr Eigeninitiative, eigentlich aber mehr Einnahmen, bedrohen die Theater in hohem Maße. Verordnungen und teilweise skurrile Sicherheitsanforderungen tun ein Übriges, den Theaterbetrieb administrativ mit Sekundärarbeit zu versorgen. Momentan haben wir das Feld den Verwaltern überlassen, deren Kreativität weder den Gebäuden gerecht wird noch das Leitbild einer innovativen Stadtplanung sein sollte. Das überfordert -ohne deren wichtige Arbeit einer Bewertung zu unterziehen- deren Möglichkeiten.
Das fehlende Bekenntnis zum Stadttheater einerseits verursacht mittelbar die Vernachlässigung der Bausubstanz der innerstädtischen Kulturbauten anderseits. Die hohe Wertschätzung der Kunst und der ehrgeizige Wille der Stadtväter vor einhundert Jahren, als die meisten der heute in Betrieb befindlichen Häuser erbaut wurden, wird von der Haltung der Kommunalpolitiker unserer Zeit- mit allen ihren beträchtlichen Verpflichtungen und vielfältigen Herausforderungen- konterkariert. Sie brauchen denn auch Hilfe, nicht Schelte.
Ein Paradigmenwechsel wurde vollzogen, der unbedingt rückgängig gemacht werden muss, wollen wir die Leistungen unserer Urgroßeltern würdigen und den Theatern und den großartigen Häusern ihren Platz in der Geschichte und Gegenwart sichern.
Die Theaterbauten benötigen Innovation und Öffnung, kulturell wie politisch. Die Planer und Architekten müssen die Möglichkeit erhalten diese besonderen Bauwerke der letzten Jahrhunderte unter neuen Gesichtspunkten zu betrachten, die möglicherweise mit einer Nachkriegsbauordnung und allgemeinen Normungen nicht hinreichend beschrieben werden können. Eine neue Herangehensweise ist für die einmalige Weltkulturerbelandschaft der Theater notwendig, will man die Häuser in ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung erhalten.

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