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Rede zum 3. Symposium in Frankfurt

Herzlich Willkommen zum dritten von fünf Symposien zum Thema „Bauen und Sanierungen von Theatern und Kulturgebäuden“. …

Ich  freue mich besonders, hier in Frankfurt sein zu dürfen, Heimspiel, einer Stadt die Kulturprojekte in besonderer Weise im Blick hat und dabei erfreulich mutig vorangeht.

 

Mehr Theater wagen!

 

Frankfurt ist mutig. Man traut sich was in der Stadt am Main.

 

Ich kann mich nicht erinnern, dass man irgendwo anders dem Mut aufgebracht hat, so offen über den Fortbestand eines Hauses zu sprechen und gleichzeitig eine Ausrichtung über Generationen zu planen. 

Nebenbei sind Planspiele deutlich weniger kostenintensiv als Gutachten, die geduldig in Schubladen auf den Schredder der Zeit warten.  

 

*Mehr Theater wagen bedeutet genau das!* Mit populistischer Miesmacherei die Kultureinrichtungen madig zu machen, ist üblich in letzter Zeit. Vor allem von Leuten, die glauben für alle zu sprechen und so gerne Volkes Stimme wären.

Da habe ich andere Erfahrungen gemacht, gerade mit Menschen, die für alle zu sprechen gedachten und bald für keinen mehr sprachen.

 

Es soll suggeriert werden, dass wir etwas Überflüssiges verwalten, das sich nicht zu erhalten lohnt, weil die Redner sich ja in Gesellschaft wähnen und nach Verbrüderung suchen.

 

*Kurz nach dem Krieg war man anderer Meinung.*

 

In Frankfurt wurden das Opernhaus und das Neue Theater bei  Luftangriffen zerstört, das Schauspielhaus schwer beschädigt. In der Nachkriegszeit fanden die Aufführungen deswegen zunächst im Saal der Frankfurter Wertpapierbörse statt. *_Die Börse als Theater: Das Leben schreibt die besten Kömodien_.*

 

Als ich 1989 an den städtischen Bühnen als Handwerker angefangen habe zu arbeiten, war es ein geflügelter Begriff, dass man Dekoration an der Uhrkette in die Börse trägt. 

 

 

 

Im Herbst 1945 wurde in Münster auf freiem Feld zwischen Trümmern “Beethovens Neunte” aufgeführt.

Die Sehnsucht nach Kultur beschrieb ein Zeitgenosse  mit “ Die Münsteraner wollen wieder Menschen sein!” 

 

Theater und Kunst gehört zum Menschsein. 

Das Erbe, die Häuser, haben eine Geschichte, ein Eigenleben und manchmal eben auch eine begrenzte Zeit.

 

Umso mehr verwundert es, dass kaum 70 Jahre später die Theater als Orte der Aufklärung und politischen Bildung mit Ansage und zum Teil auch durch finanziell erzwungene Nachlässigkeit aus dem Fokus gedrängt werden, obwohl sie weder in Intensität noch an Gestaltungswillen eingebüßt haben.

 

 Wirtschaftsprüfungen, Effizienzdenken und ständig neue Forderungen an die Theatermacher nach mehr Eigeninitiative, eigentlich aber mehr Einnahmen, bedrohen die Theater in hohen Maße. Verordnungen und teilweise skurile Sicherheitsanforderungen tun ein Übriges, den Theaterbetrieb administrativ mit Sekundärarbeit zu versorgen. Momentan haben wir das Feld den Verwaltern überlassen, deren Kreativität weder den Gebäuden gerecht wird, noch das Leitbild einer innovativen Stadtplanung sein sollte. Das überfordert -ohne deren wichtige Arbeit einer Bewertung zu unterziehen- deren Möglichkeiten. 

 Das fehlende Bekenntnis zum Stadttheater- dem Theater einer Stadt- einerseits verursacht mittelbar die Vernachlässigung der Bausubstanz der innerstädischen Kulturbauten anderseits.

 

 

Noch immer gehen Menschen in die Theater.  

*Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.*

*Schiller*

 

Wir spielen mehr Vorstellungen als je zuvor. Genau genommen doppelt so viel wie vor dreißig Jahren.

 

Das bedeutet einiges für Logistik und Infrastruktur eines Kulturgebäudes.

Lagerflächen, Fluchtwege, Transportwege. Die Verlagerung von Werkstätten und Fundi. Damit verbundene Fahrten bei immer dichter werdendem Stadtverkehr. Natürlich auch deutlich höhere Anforderungen an die Menschen, deren Arbeitsumfeld sich oftmals nicht mitentwickelt hat. 

 

Theater sind hochkomplexe Betriebe mit ausgefeilter Technik. Der klassische Hausmeister wurde längst vom Betriebsingenieur abgelöst oder sollte es werden, wenn neue Technik Einzug im Gebäude hält. 

 

Wir wollen die ererbte Baukultur entwickeln und mit der Theaterlandschaft ins 21. Jahrhundert aufbrechen. 

Das erfordert mutiges Denken und Konzepte, die sich wohlmöglich nicht mit herkömmlichen Regeln beschreiben lassen.

Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Erbe und dem eigenen Nachlass erfordert, dass Regeln infrage gestellt werden , dienen sie nicht dem Menschen und dem Schutz des Kulturerbes.

 

Wasser hat in den letzten Jahren deutlich mehr Schaden angerichtet als Feuer. 

Machen wir jetzt so weiter oder halten wir kurz inne und fragen nach?

 

*Wer A sagt muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war. *

*Bertholt Brecht *

 

Wissenschaft und Technik können revidieren, neue Technologien lösen alte ab und Regeln müssen angepasst werden, auch wenn man dann die Lager räumen muss.

Wir können die Umsetzung auch von gutgemeinten Regeln nicht jenen überlassen, die ein innovatives Ingenieurswesen dominieren und immer das Wort Sicherheit im Munde führen, wenn sie eigentlich Gewinne meinen.

Dieses Land haben die Denker und Vordenker groß gemacht. Kreative Menschen aus Kunst und Technik und die Theater haben einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet. 

Ich kann die Lektüre der DTHG Chronik nur empfehlen! Wir sollten mit dem gleichen Selbstverständnis zu Werke gehen wie unsere Gründer. Ich sehe das mit positiven Respekt und Freude an der Sache. Denn neben vielen beschriebenen Schwierigkeiten spürt man den Wissensdrang und die Lust an der Idee. 

 

Das prominente Bauwerke inmitten von Städten als Labore und Orte der Forschung ganze Industrien beflügeln können, haben sie bereits vor 100 Jahren bewiesen. Da wollen wir gerne mit unseren Initiativen wieder anknüpfen. 

Kulturorte und eine urbane Stadtentwicklung benötigen die innovative Kraft der Kunst und deren Streben nach dem Neuen, dem besonderen Ereignis. 

2200 Regelungen in Deutschland drehen sich um Bauwerke, nicht eine davon fragt nach den Zielen und dem schöpferischen Wert des Bauwerks, nach seinem Einfluss auf Arbeitsplätze der Zukunft oder nachhaltiger Urbanität der Städte.

 

Theater wagen bedeutet immer wieder Aufbrüche. Im besten Sinne sind wir aufgebrochen, um Menschen zusammenzubringen, denen Theater und Orte der Kultur am Herzen liegen und die sich,  jeder an seinem Platz, um den Erhalt und die Entwicklung der Kulturorte bemühen.

 

Daher ist es wichtig, sich auf den Bedarf und die Notwendigkeiten der Nutzer dieser Gebäude einzustellen. Für sie ist das Theater nicht nur ein Haus der Kunst sondern immer auch Arbeits- und Lebensraum. 

Bauherren , Architekten und Planer müssen sich mehr auf die Ziele der Maßnahmen fokussieren! Neben den Nutzungen soll das Baukultur erfahrbar sein.

 

Gemeinsam können wir diese Orte für Publikum und Mitarbeiter zu lebenswerten Plätzen in einer modernen und offenen Stadtgesellschaft machen.

 

Ergebnis unserer Symposien soll ein Leitfaden zum Umgang mit Bau und Sanierung von Kulturgebäuden sein, der Einblicke in alle fachlichen und kulturpolitischen Ebenen bietet, der diese Häuser modernisiert und zu lebenswerten Arbeitsplätzen für Mitarbeiter und zum Kultur- und Verweilort für Bürger und Zuschauer macht.

 

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