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Kritisch s(S)ehen

 

Das sehen wir kritisch!

Das hört man in letzter Zeit häufig und in unterschiedlichen Zusammenhängen.

Zusammenkünfte von Verschwörungstheoretikern sind da meist nicht gemeint. Es geht um technische Innovationen oder schlicht um das Verlassen ausgetretener Pfade. 
“Das haben wir jetzt nicht so gerne”, könnte auch gemeint sein.
In Zeiten, in denen die Theater und die Veranstaltungswirtschaft mit großen Herausforderungen konfrontiert wird, muss mutig gehandelt werden. Die Einführung des elektrischen Lichts wurde vor 150 Jahren auch kritisch beäugt und von Teilen der Wirtschaft gänzlich abgelehnt. Gebracht hat es letztlich wenig, außer nervenraubende Diskussionen mit den Bremsern. Der Fortschritt setzt sich durch und das muss er auch. 

Gründe, Dinge kritisch zu sehen, gibt es viele und nicht wenige sind unbedingt berechtigt. Ich denke da an die jahrelange Vernachlässigung der Theaterbauten aus Gründen, die für den Theatermenschen nicht nachvollziehbar sind. Struktuerell bedingte Dummheit, nennt es Michael Schmidt- Salomon.

Im Land der Dichter und Denker, dass auch zeitgleich das Land der großen Ingenieursleistungen sein möchte, will man genau jene Leistungen nicht mehr anwenden, schon gar nicht, wenn nicht hinreichende ( das heißt meist 10 unterschiedliche) Studien zum Thema vorliegen.
Dass eine Technologie funktioniert und deshalb von den Technikern angewendet wird, ist keinen Gedanken mehr wert.
Eine bürokratische Armada außerhalb innovativer Methodik bemächtigt sich der Deutungshoheit und bestimmt, was eingesetzt wird.

Das sehe ICH kritisch!

Meine Söhne sahen den Verzehr von Brokkoli ebenfalls sehr kritisch, aber niemand wird am Nahrungsmittel deshalb Zweifel aufkommen lassen.

Wenn man jetzt gerade in der Veranstaltungsbranche nach Möglichkeiten sucht, die Räume mit hygienisch verbesserter Raumluft zu versorgen, wird man an Technologien wie Ionisation und UV-C nicht vorbeikommen. Herkömmliche Filter sind sinnvoll, aber nicht jeder - und gerade der viel besprochenen Hepa Filter- lässt sich zusammen mit Bühneneffekten einsetzen. Ein Fluidnebel wird gerade diese feinen Filtersysteme in Minuten lahmlegen und der Aufwand des täglichen Nachkaufens wird wirtschaftlich nicht tragbar sein.
Besonders kritisch ist bei der Bandbreite an Entwicklungen die pauschale Verdammung bestimmter Technologien anzusehen. Die Herangehensweise ist wie folgt: Ein Dieselfahrzeug macht Schmutz und hat vier Räder ergo. was vier Räder hat macht Schmutz. 
Fazit: Bobby Cars runter von der Straße. 

Was soll man bei aller Kritik nun anfangen?

Was Theatermenschen immer machen: Probieren. Man wird sich Referenzobjekte mit verschiedenen Technologien ansehen müssen und dafür muss man sie einbauen und Messungen durchführen. Chemnitz macht es mutig und entschlossen vor. Das passt auch zum Ingenieurswesen Deutschlands.
Dass sie dabei eben auf Technologien vertrauen, die durchaus mit fachlicher Expertise versehen und universitär bereits getestet und für gut befunden wurden, stört den durchschnittlichen Kritikaster allerdings weniger. 

Wenn die Meinungsbildung vor 20 Jahren abgeschlossen wurde, schwenkt man nicht mehr um, nur weil sich eine Innovation weiterentwickelt und Marktreife erlangt hat. 

Was soll man dazu sagen?

Kritisch Sehen sollte man auch mal kritisch sehen.

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