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HOAI aussetzen

Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist seit Jahrzehnten ein unverzichtbares Instrument zur Regelung der Vergütung von Planungsleistungen in Deutschland. Sie bietet eine klare Struktur und sorgt für Transparenz zwischen Bauherren und Planern. Doch gerade bei anspruchsvollen Projekten wie der Sanierung oder dem Neubau von Kulturbauten – etwa Theatern, Opernhäusern oder Konzerthäusern – zeigt sich, dass die HOAI allein nicht immer ausreicht, um den spezifischen Anforderungen an Planungsqualität und Nutzerfreundlichkeit gerecht zu werden. Die Orientierung der HOAI an Leistungsphasen und anrechenbaren Kosten schafft zwar eine solide Grundlage, berücksichtigt aber weder außergewöhnliche Planungsqualität noch Innovationen oder maßgeschneiderte Lösungen für besonders komplexe Bauaufgaben.

 

Kulturbauten gehören zu den anspruchsvollsten Bauprojekten überhaupt. Sie sind mehr als funktionale Gebäude: Sie sind Orte der Kunst und Kultur, die vielfältigen technischen, künstlerischen und gesellschaftlichen Anforderungen gerecht werden müssen. Bei der Sanierung oder dem Neubau eines Theaters geht es um weit mehr als die Umsetzung technischer Standards. Perfekte Akustik, innovative Bühnentechnik, die Integration denkmalgeschützter Substanz und Nachhaltigkeit sind nur einige der Herausforderungen, denen sich Planer gegenübersehen. Die HOAI bietet hier jedoch nur begrenzt Anreize, um solche Aspekte der Qualität und Exzellenz stärker in den Fokus zu rücken.

 

Die HOAI basiert auf einer klaren Struktur, bei der die Vergütung von Planungsleistungen an den Umfang der erbrachten Leistungen und die Höhe der anrechenbaren Baukosten gekoppelt ist. Dies schafft Planungs- und Kalkulationssicherheit, verhindert aber auch eine direkte Honorierung außergewöhnlicher Qualität. Die HOAI unterscheidet zwischen Grundleistungen, die als Standardleistungen gelten, und besonderen Leistungen, die gesondert vereinbart werden können. Dennoch bleibt der Kern der Vergütung vor allem mengenorientiert, was bedeutet, dass weder die Kreativität noch die Innovation eines Planungsansatzes ausdrücklich honoriert werden.

 

Für öffentliche und private Bauherren, die hohe Ansprüche an Qualität und Nutzerfreundlichkeit stellen, stellt dies eine Herausforderung dar. Sie benötigen Planungen, die weit über Standardlösungen hinausgehen, und sollten daher überlegen, wie die HOAI durch ergänzende Ansätze erweitert werden kann, um Planer zu außergewöhnlichen Leistungen zu motivieren. Ein praxisorientierter Umgang mit der HOAI könnte Qualität stärker in den Vordergrund rücken, ohne dabei die bewährte Struktur und Rechtssicherheit der Honorarordnung zu gefährden.

 

Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die Einführung von Qualitätshonoraren. Diese können als zusätzliche Vergütungskomponente zur HOAI vereinbart werden, um besondere Aspekte einer Planung zu honorieren. So könnten Planer etwa für besonders innovative Bühnentechnik, exzellente Akustik oder nachhaltige Bauweisen belohnt werden. Solche Prämien würden einen klaren Anreiz schaffen, über den Standard hinauszugehen und Lösungen zu entwickeln, die langfristig Mehrwert bieten. Ein Beispiel hierfür wäre die Sanierung eines Theaters, bei dem eine außergewöhnliche akustische Lösung sowohl den Anforderungen klassischer Konzerte als auch moderner Theaterproduktionen gerecht wird.

 

Neben Qualitätshonoraren könnten Wettbewerbsverfahren ein weiteres Mittel sein, um herausragende Planungen zu fördern. Wettbewerbe ermöglichen es, verschiedene Ansätze zu vergleichen und die beste Lösung auszuwählen. Der Sieger eines solchen Verfahrens könnte mit einem erhöhten Honorar ausgezeichnet werden, während auch die Teilnehmer, die keinen Auftrag erhalten, für ihren Aufwand entschädigt werden. Dies schafft nicht nur Wettbewerb, sondern rückt die Qualität der Planung in den Vordergrund. Ein prominentes Beispiel, bei dem ein Wettbewerbsverfahren erfolgreich hätte eingesetzt werden können, ist die Elbphilharmonie in Hamburg. Die herausragende architektonische und akustische Planung hätte durch ein zusätzliches Qualitätshonorar gewürdigt werden können.

 

Auch erfolgsabhängige Vergütungsmodelle bieten eine Möglichkeit, Qualität und Nutzerfreundlichkeit gezielt zu fördern. Dabei könnte die Vergütung an bestimmte Ziele gekoppelt werden, etwa die Einhaltung von Budgets, die Erreichung bestimmter Nachhaltigkeitsstandards oder eine besonders hohe Nutzerzufriedenheit. Erfolgsprämien könnten zum Beispiel ausgelobt werden, wenn die Bühnentechnik eines sanierten Theaters nachweislich flexibler oder kosteneffizienter arbeitet als ursprünglich geplant. Solche Modelle erfordern jedoch klare Kriterien und eine transparente Bewertung, um Streitigkeiten zu vermeiden.

 

Ein weiteres Instrument zur Steigerung der Qualität ist die individuelle Vertragsgestaltung. Hier könnten Bauherren und Planer zusätzliche Vereinbarungen treffen, die besondere Aspekte der Planung stärker in den Fokus rücken. Denkbar wären etwa Meilensteinzahlungen, die an bestimmte qualitative oder zeitliche Ziele geknüpft sind, oder Prämien für die Zusammenarbeit interdisziplinärer Teams, wie sie bei komplexen Kulturbauten erforderlich sind.

 

Praxisbeispiele zeigen, wie ein solcher Ansatz funktionieren könnte. Bei der Sanierung des Opernhauses in Köln, einem denkmalgeschützten Bauwerk, hätte eine zusätzliche Prämie für den Erhalt historischer Details oder besonders nachhaltige Sanierungskonzepte Planer motivieren können, noch kreativere Lösungen zu entwickeln - und fertig zu werden. Ebenso hätte die Sanierung des Staatstheaters Darmstadt, bei der flexible Bühnentechnik und außergewöhnliche Akustik im Vordergrund standen, von einer Honorierung zusätzlicher Qualität profitieren können.

 

Ein praxisorientierter Umgang mit der HOAI, der diese durch Qualitätshonorare, Wettbewerbsverfahren und erfolgsabhängige Vergütungen ergänzt, könnte helfen, die besonderen Herausforderungen bei Sanierungen und Neubauten von Kulturbauten besser zu meistern. Dies würde nicht nur die Qualität der Planung verbessern, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen Bauherren und Planern stärken und die Nutzerfreundlichkeit der Bauten langfristig sichern.

 

Die HOAI bietet eine solide Basis, doch gerade bei komplexen Kulturbauten sollten ergänzende Modelle genutzt werden, um außergewöhnliche Leistungen angemessen zu würdigen. Ein solcher Ansatz würde nicht nur der Komplexität und den Anforderungen solcher Projekte gerecht, sondern auch die Motivation und Kreativität der Planer fördern. Bauherren, die die HOAI flexibel und zukunftsorientiert einsetzen, können so Bauten schaffen, die technisch, künstlerisch und gesellschaftlich überzeugen.

 

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